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Miguel W.

pauker.at

Deutsch
2011-07-29
Kweda: Herkunft und Gestalt des Wortschatzes

1. „Sage mir, von welcher Wortart du bist, und ich sage dir, woher du kommst“ – die Systematik der Entlehnungen

Kweda entlehnt seinen Wortschatz europäischen Sprachen, wobei die Vokabeln je nach Wortart bevorzugt aus einer bestimmten Sprachfamilie oder -gruppe kommen. Dieses Vorgehen geht auf die Anregung des 1996 von Ed Robertson geschaffenen Dunia zurück. Die folgende Tabelle zeigt die Systematik der Entlehnungen beider Sprachprojekte:

Wortart

Dunia

Kweda

Hauptwort

Latein; Englisch, Deutsch; Arabisch

romanische Sprachen; Griechisch; Albanisch, Baskisch, Maltesisch

Zeitwort

Spanisch/Portugiesisch

germanische Sprachen

Eigenschaftswort

Hindi/Urdu

slawische Sprachen

Umstandswort

Russisch

finnougrische Sprachen

Bindewort

Malaiisch/Indonesisch

Zigeunersprache (Romanes)

Ein Beweggrund für dieses Vorgehen ist die Möglichkeit der Zweitverwertung: „Diese Methode ermöglicht es, dass jeder Dunia-Lernende die Wurzeln der erlernten Vokabeln kennt und sie so, selbst wenn er sich von Dunia abwendet, für andere Studien verwenden kann.“*

Mittlerweile wird die in der Tabelle gezeigte Aufteilung im Kweda – aus verschiedenen Gründen – nicht mehr so streng durchgehalten wie in den Anfangszeiten des Projektes. So gibt es unter den größtenteils romanischen Hauptwörtern zahlreiche slawische wie koleno („Knie“), voda („Wasser“) oder ovce („Schaf“); dafür sind zu den slawischen Adjektiven zahlreiche germanische gekommen wie fasti („fest“, vgl. schwed. fast und althochdeutsch festi) oder greni („grün“), und romanische Wörter wie ploran („weinen“) oder sukton („saugen“, vgl. Liposuktion = Fettabsaugung) sind in die ursprünglich germanische Domäne der Zeitwörter gedrungen.

Allerdings gibt es solche Ausnahmeerscheinungen auch im planerischen Vorbild Dunia, wie die Übersetzung des Babeltextes belegt: Anstelle eines lateinischen oder englischen Wortes für „Mensch“, „Volk“ treffen wir dort auf das chinesische ren, das japanische kotoki steht für das Zeitadverb „nun“ und das lateinische famozi für „berühmt“ taucht als Adjektiv auf.**

Die Systematik der Entlehnungen dient im Kweda zwar weiterhin als Richtschnur, aber sie ist kein Dogma.

 

2. „An ihren Endungen sollt ihr sie erkennen“ – die Wortarten und ihre Identifizierbarkeit

Dass es nützlich sein kann, in einer fremden Sprache Haupt-, Zeit- und Eigenschaftswörter auf den ersten Blick voneinander unterscheiden zu können, leuchtet jedem ein, der einmal einen anspruchvolleren englischen, spanischen oder finnischen Text gelesen hat. Betrachten wir folgenden Fall:

„Time flies like an arrow,
fruit flies like a banana.“

Das kommt davon, wenn die drei Hauptwortarten keine charakteristische Form haben. Die meisten Nicht-Muttersprachler dürften bei einem solchen Satz erst einmal ins Grübeln kommen; und so wird es ihnen auch gehen, wenn sie auf Anhieb entscheiden sollen, ob ein spanisches Wort, das auf -as endet, nun die zweite Person Singular Präsens Indikativ eines Verbs mit der Infinitivendung -ar oder die zweite Person Singular Präsens Konjunktiv eines Verbs auf -er/-ir oder ein weibliches Hauptwort in der Mehrzahl oder vielleicht doch ein Adjektiv in der femininen Pluralform ist; oder ob ein finnisches -ta nun den Partitiv eines Hauptworts oder einen Infinitiv oder doch nur ein schlichtes Eigenschaftswort anzeigt.

In einer Plansprache sollte es selbstverständlich keine solchen Mehrdeutigkeiten geben. In den klassischen Entwürfen wurden daher aus gutem Grunde die Wortarten anhand ihrer Endung gekennzeichnet, und so – das abschreckende Beispiel der bananophilen Fruchtfliegen vor Augen – verfährt auch Kweda:

Wortart

Hauptwort (Einzahl)

Eigenschaftswort

Zeitwort (Grundform)

Umstandswort

Volapük

-(Mitlaut)

-ik

-ön

-iko

Esperanto

-o

-a

-i

-e

Ido

-o

-a

-ar

-e

Novial

-e (mit Ausnahmen)

-i

-a (mit Ausnahmen)

-im oder - –

Kweda

-a, -e, -o, -u

-i

-n

-i(n) oder - –

Dass sich Kweda bei der Endung der Hauptwörter nicht auf einen einzigen Selbstlaut festlegt, wie es das Esperanto tut, hat gute Gründe. Es ermöglicht damit eine bessere Differenzierung des Wortschatzes (z. B. akcia „Aktie“ – akcio „Aktion“; fronte „Stirn“ – fronta „Front“; kaza „Haus“ – kazo „Fall“; kroma „Farbe“ – kromo „Chrom“; mane „Morgen“ – manu „Hand“ ; pita „Hupe“ – pito „Nabel“), es ermöglicht z. B. bei Verwandtschaftsbezeichnungen eine Unterscheidung nach dem natürlichen Geschlecht (tia „Tante“ – tio „Onkel“), und es vermeidet so ganz nebenbei auch eine Eintönigkeit des Klangs aufgrund des ständig gleichen Endvokals.

Die Endungen der Wortarten entsprechen zudem größtenteils jenen in den Quellsprachen: Dass in den romanischen Sprachen (insbesondere Spanisch, Portugiesisch und Italienisch) Hauptwörter in der Einzahl - von wenigen Ausnahmen abgesehen - auf einen der Selbstlaute a, e, o oder u enden, kommt dem grundlegenden Ansatz des Kweda entgegen, die Vokabeln möglichst unverändert den natürlichen Sprachen zu entnehmen. Das gilt auch für die Eigenschaftswörter: Die Endung -i ist nicht willkürlich gewählt, sondern entspricht der Wörterbuchform des Adjektivs in den meisten slawischen Sprachen (die grafischen, teils auch phonetisch relevanten Varianten -y, ý und -ij wurden dabei nicht berücksichtigt). Auch die Endung Vokal + -n für die Verben wurde in dem Bestreben gewählt, die Wörter einerseits nach der Wortart zu kennzeichnen und sie andererseits so weit wie möglich in der natürlichen Form der Quellsprachen zu belassen. Die Endung -an ist eine Kompromissform zwischen der nordgermanischen Infinitivendung -a (Schwedisch, Färingisch, Isländisch, Altnordisch) und dem westgermanischen -en (Deutsch, Niederländisch, Friesisch, Jiddisch). Im Gotischen und Altenglischen lautete die Infinitivendung ebenfalls -an.

Die Umstandswörter (Adverbien) tanzen in diesem Schema ein wenig aus der Reihe; aber da sie ohnehin die am schwersten zu fassende Wortart sind und die meisten Adverbien überdies von Adjektiven abgeleitet werden, dürfte sich das Fehlen einer kennzeichnenden Adverbialendung kaum störend bemerkbar machen. Sollte es im Satzzusammenhang notwendig sein, die adverbiale Funktion eines Eigenschaftswortes eigens zu kennzeichnen, kann dies durch Anhängen von -n an das Endungs-i geschehen. Eine Verwechslung mit einem Verb ist dabei ausgeschlossen, weil es keine Verben gibt, die auf -in enden.

 

* http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Immanuel_Giel/Dunia            

** http://www.langmaker.com/babel/dunia.htm

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